Die im Jahr 1732 im Auftrag des Gerichtsschöffen und Steinhauermeister Johann Peter Meurer errichtete Stadtvilla mit Zugang von der Kellerstraße 16, ist seit dem Jahr 1939 Heimat des Siebengebirgsmuseums. Foto: Rolf Thienen

Stein und Wein finden im Siebengebirgsmuseum zueinander

Jeder kennt das wohl. Es gibt Momente, vielleicht auch Tage oder Wochen, da passt nichts zusammen. Es gibt aber auch Momente, da findet sich eins zum anderen und fügt sich zu einem besonderen Erlebnis. Und wenn dies dann auch noch in einem größeren Zusammenhang gefeiert oder besser noch zelebriert werden kann, ist es umso schöner und sollte in Augenschein genommen werden.

Ein solches Ereignis findet zurzeit im Siebengebirgsmuseum in Königswinter statt. Dort gibt es eine Sonderausstellung unter dem Titel „Zwischen Wingert und Busch – Historische Landnutzungen rund um den Weinbau“ statt. Und betrachtet man die Ausstellung in ihrem Grundsatz etwas genauer und dann auch noch in Verbindung mit dem Ort, dem Gebäude, an dem sie stattfindet, so stellt sich hier eine Verbindung her, bei der einfach alles zueinander passt.

Der Bereich des Siebengebirges zählte über Jahrhunderte sicherlich nicht zu den von Gott stark verwöhnten Landschaften. Zumindest für die Mehrheit der hier wohnenden Menschen. Was gab es hier? Neben der mehr für den Eigenbedarf reichenden Landwirtschaft gab es noch Wald und, dank des vulkanischen Ursprungs der Landschaft, Felsen, aus denen dann schon seit römischer Zeit Steine gebrochen wurden. Aber da gab es dann doch noch mehr: Wein. Die Zisterzienser hatten ihn mitgebracht, als sie zunächst den Petersberg als Ort ihrer religiösen Erfüllung aussuchten und in den Folgejahren eine blühende Weinbaukultur im Heisterbacher Tal und den Hängen des Siebengebirges am Rheinufer erschufen und ausbauten. Wein aus Königswinter war bei den Priestern und Mönchen weit über die Grenzen hinaus bekannt und beliebt und sorgte so für ein erkleckliches Einkommen beim Konvent im heutigen Heisterbacherrott. Alleine die Kirchenruine des ehemaligen Klosters zeugt noch heute davon.

Neben dem hervorragenden Klima im Siebengebirge und den Anbauflächen zwischen Eruptionsgestein und Sedimentgestein sorgten die beiden letzteren auch für die Grundlage eines zweiten Geschäftsbereiches, der Königswinter und das ganze Siebengebirge zur blühte brachte: die Steinbruchtätigkeit. Schon die alten Römer bauten am Drachenfels Steine ab für ihre Bauvorhaben den Rhein runter bis Xanten. Zahlreiche Kirchen in der Umgebung sind aus Siebengebirgssteinen errichtet und sogar die Kölner Dombauhütte bezog einen Großteil des von ihr benötigten Materials aus dem Siebengebirge, gut erkennbar durch Basalteinschlüsse.

Und so vereinen sich jetzt und an diesem Ort Weinanbau und Steinbruchtätigkeit und gehen eine besondere Synthese ein.

In der Ausstellung wird gezeigt, wie der Weinanbau im Laufe der Jahre die Landschaft verändert hat und auch immer noch prägt. Die markanten Weinberge am Fuße des Drachenfelses oder im Bereich Oberdollendorfs, sie alle prägen die Landschaft bis auf den heutigen Tag und bilden einen unvergleichlichen Wiedererkennungswert. Auch die aufgelassenen Weinberge sind in weiten Teilen landschaftsprägend. Ebenso ist die spezielle Waldnutzung, die in großen Bereichen ganz auf die Gewinnung von Rahmenhölzern, an denen die Reben angebunden wurden, ausgerichtet war, heute an verschiedenen Stellen noch sichtbar.

Ferner erlauben die gezeigten Karten und Fotos sowie diverse Gegenstände nicht nur bemerkenswerte Einblicke in die Arbeit der Winzer zwischen und an den Reben, auch lassen sie uns teilhaben am täglichen Leben bei ihnen zu Hause, das zumeist dadurch geprägt war, das viele Personen noch einer zusätzlichen Tätigkeit Nachgingen, meist im Bereich der Landwirtschaft. Nur den wenigsten Winzern war es vergönnt ganz von der Weinerzeugung und -vermarktung zu leben.

Darüberhinaus präsentiert die Ausstellung Ergebnisse des interdisziplinären Forschungsprojektes „Zeugen der Landschaftsgeschichten im Siebengebirge“, das in Zusammenarbeit mit der biologischen Station und mit finanzieller Unterstützung der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat und Kulturpflege und dem Landschaftsverband Rheinland erarbeitet wird.

Das Gebäude des Museum ist in seinem Altbaubestand ein hervorragendes Zeugnis für die lange Tradition des Steinbruchs, eines Geschäftsbereiches, der in Königswinter und Siebengebirge schon eine lange Tradition hat. Es ist ein repräsentativer Bau aus dem Jahr 1732, das der Gerichtsschöffe und Steinhauermeister Johann Peter Meurer im barocken Stil errichten lies. In makelloser Klarheit und Stringenz steht der Bau ganz in der Folge traditioneller Villenarchitektur und zeugt von einem gewissen Anspruch. So ist der 5achsige Bau mit einer ebensolchen Klarheit gegliedert. Vom Erdgeschoss, das wohl dem Bereich der alltäglich anfallenden Arbeiten gewidmet war, über das von Schmuckelement wie Gesims optisch hervorgehobene erste Stockwerk im Sinne einer Belle Etage oder eines Piano mobile, das der Repräsentation der Familie gedacht gewesen sein könnte, bis zum Dachgeschoss, wo oftmals die Dienerschaft zwischen Lagerräumen untergebracht waren, in dieser Abfolge ist das Gebäude beispielhaft für einen besonderen Typus Stadtvilla, der bis in die Renaissance zurückreicht. Ganz charakteristisch für das Gebäude ist das „Knickwalmdach“, das Anklänge an ein Mansardgeschoss, also eines jüngeren Bautyps, zulässt.

Bemerkenswert auch, dass in den Schmuckverblendungen unter den Fenstern in 1. Obergeschoss der Wein- und der Getreideanbau mit Trauben und Ähren dargestellt ist, wobei die Tätigkeit des Steinbruchbetriebs nirgendwo sichtbar wird außer in der wirklich hervorragenden Fassade aus Wolkenburger Laitit.

Dafür ist von der harten und schweren Tätigkeit der Steinbrucharbeiter im Bereich der Dauerausstellung um so mehr zu erfahren. Das für die verschiedenen Tätigkeiten benötigte Arbeitsmaterial ist in Hülle und Fülle zu sehen, Bilder, Zeichnungen und Tabellen führen die schwere und teilweise lebensbedrohliche Arbeit vor Augen. Abbruch der Steine, erste grobe Bearbeitungen und anschließend feinere Arbeiten an den Werkstücken, deren Transport auf Karren und später schienengebundenen Fahrzeugen, all dass wird präsentiert. Und während man sich auf den Fotos einmal die Personen, die dort arbeiteten, genauer ansieht, dann erkennt man, dass diese Arbeit den ganzen Körper forderte und ihn dabei auch auszehrte. Das Durchschnittsalter dürfte weiter unter dem der heutigen Generationen liegen.

Wein und Stein, diese beiden Lebensadern beherrschten lange Zeit die Geschichte Königswinters und darüber hinaus auch des ganzen Siebengebirge, und waren somit die Grundlage für die Beschäftigung des Museums mit den damit eng verbundenen Konstanten Transport und Handel. Die weitreichenden Verbindungen der Mönche von Heisterbach, geologische Strukturen und auch die Spekulationen um den angeblichen Römerhafen, der aufkommenden Tourismus nicht zuletzt durch Drachenfels und Petersberg mit all seinen neoromanischen oder -gotischen Auswüchsen, die Veränderungen in Bereich der Tätigkeiten der Bevölkerung und nicht zuletzt auch durch die bessere Verbindung in Richtung Bonn durch die Eisen- und besonders Straßenbahn, all das bildete und bildet auch immer noch die Grundlage für die Ausstellungstätigkeit im Siebengebirgsmuseum, ganz abgesehen davon, dass Feste und Feiern im Ablauf eines Jahres auch eine gewisse Rolle spielen.

Eine deutliche Erweiterung erfuhr diese Grundstruktur im Rahmen der Regionalen 2010. Es kam zu erheblichen Umbrüchen in der Ausrichtung der Zukunftspersektiven des Siebengebirgsraumes. Und so erweiterte sich Ausstellungsthematik durch eine neue, hinzugekommene Ausrichtung auf die rheinische Romantik. Schon 2006 wurde mit der Ausstellung „Sehnsucht Rhein – Rheinlandschaften in der Malerei“ ein erstes, fulminantes Ausrufezeichen gesetzt. Diese zusätzliche Schwerpunktsetzung wurde in den Folgejahren bis jetzt weitergeführt, wie zuletzt die Ausstellung „Düsseldorfer Künstler der Romantik“ eindrucksvoll beweist. Hierdurch ist das Siebengebirgsmuseum zum Ort einer umfassenden Geschichts- und Kulturvermittlung geworden und vollzog damit einen wichtigen Schritt. Nicht zuletzt daraus erwuchs sein Anspruch „Das Schönste Museum der rheinischen Weltausstellung“ zu sein, wie es über der Eingangstür zu lesen ist.

Zahlreiche Veranstaltungen von Vorträgen, Lesungen, musikalischen Darbietungen bis hin zu Brotbackveranstaltungen in einem der berühmten „Königswinterer“ Backöfen, die einst Deutschlandweit bekannt und begehrt waren, oder Wanderungen runden das Programm des Museums ab, das sich somit als Bindeglied zwischen Geschichte, Heimat, Brauchtum und Bestandsaufnahme der Gegenwart bis über die heutige Zeit in die Zukunft verweisend versteht.

Zum Schluss kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass das Siebengebirgsmuseum ein Glücksfall für den gesamten Siebengebirgsraum und darüberhinaus darstellt. Aber Glücksfall ist leicht gesagt, dahinter steckt viel Arbeit und Engagement. Das sollte man nie vergessen.

Die Gründung des Siebengebirgsmuseums reicht im Grunde genommen bis ins Jahr 1927 zurück, als die Arbeitsgemeinschaft zur Pflege der Heimat (später Heimatverein Siebengebirge e.v.) anfing, eine Sammlung heimatlicher Gegenstände zu sammeln. Im Jahre 1934 konnte er das Gebäude, in dem bis heute das Museum durchgehend beherbergt ist (mit Ausnahme der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegsjahre bis 1956), gekauft werden und dort wurde die Sammlung untergebracht. Eröffnet wurde es im Jahr 1939. Von Januar 2010 bis September 2011 wurde das Museum durch einen Neubau erweitert und die Sammlungsschwerpunkte Geologie, Geschichte und Kultur des Siebengebirges durch die enge Kooperation mit der Bonner Sammlung RheinRomantik um diesen Schwerpunkt erweitert.

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