Immer weniger freie Plätze in den Offenen Ganztagsschulen
In Bad Honnef stehen Eltern vor einer immer dringlicheren Herausforderung: Der Platzmangel in den Offenen Ganztagsschulen (OGS) verschärft sich zusehends. Dies stellt insbesondere berufstätige Eltern vor erhebliche Probleme, da sie dringend auf zuverlässige außerschulische Betreuung ihrer Kinder angewiesen sind.
Der Bedarf an OGS-Plätzen in Bad Honnef ist in den letzten Jahren stetig gestiegen, aber die vorhandenen Einrichtungen sind bereits überlastet und haben keine Kapazität mehr, um zusätzliche Kinder aufzunehmen. Hierbei gibt es an den betroffenen Standorten, insbesondere an der Löwenburgschule Rommersdorf, schlicht ein Raumproblem.
„Nicht nur die Betreuungsräume sind viel zu klein, sondern auch die Mensa im Gebäude des Siebengebirgsgymnasiums ist unser ‚Nadelöhr‘. Noch mehr Kinder passen hier einfach nicht rein, und so wird es schwierig, die Gruppen innerhalb eines bestimmten Zeitfensters mit Mittagessen zu versorgen.“ erklärt Hille Staß, pädagogische Leitung bei der Stadtjugendring gGmbH, die angespannte Lage. Die Stadtjugendring gGmbH ist in Bad Honnef Träger der meisten offenen Ganztagsschulen und musste in diesem Jahr bereits bangen, ob eine weitere kostendeckende Finanzierung der OGS überhaupt weiterhin möglich ist.
In Nordrhein-Westfalen sind Offene Ganztagsschulen ein integraler Bestandteil des Bildungssektors. Die politische Regelung der OGS ist dennoch durch ein System gekennzeichnet, in dem die Bereitstellung und Finanzierung dieser Einrichtungen eine freiwillige Leistung der Kommunen ist. Das bedeutet, dass die Verantwortung für die Einrichtung und den Betrieb von Offenen Ganztagsschulen auf kommunaler Ebene liegt.
In vielen Fällen reichen die Kindpauschalen, die den Kommunen vom Land zur Verfügung gestellt werden, nicht aus, um die tatsächlichen Kosten der Einrichtungen zu decken. Dies führt dazu, dass immer mehr Träger insolvent werden. Sie müssen einen großen Teil selbstständig dazu finanzieren, um die Betriebskosten, einschließlich Personalkosten, Miete, Materialien etc. überhaupt decken zu können.
Auch die steigenden Kosten haben die finanziellen Belastungen für die Träger weiter erhöht. Gleichzeitig sollen aber qualitativ hochwertige Dienstleistungen für die Schülerinnen und Schüler gewährleistet sein. In den Nachbarkommunen von Bad Honnef können teilweise nur noch für die Hälfte der angemeldeten Kinder tatsächlich Plätze angeboten werden.
Für die Familien bedeutet das im Einzelfall immense Belastungen
Hille Staß erklärt die aktuelle Situation in Bad Honnef: „Seit der Versendung der Zu- und Absagen steht in der Geschäftsstelle das Telefon natürlich nicht still. Familien sind besorgt, wie sie ihren Beruf ohne sicheren Betreuungsplatz weiter ausüben können. Dazu kommen persönliche Dramen, Krankheiten oder besondere Bedarfe der Kinder, die wir zunächst gar nicht alle abfragen können.“
Die Plätze werden nach einem einheitlichen und möglichst fairen Punktesystem vergeben, das vom Stadtrat verabschiedet wurde. Die Eltern melden sich online an und reichen ihre Belege ein. Dann werden über 800 Anmeldungen einzeln akribisch kontrolliert und bepunktet.
„Häufig telefonieren wir natürlich auch noch Nachweisen und Belegen hinterher. Aber je knapper die Plätze an einem Standort sind, desto wichtiger ist es uns, besonders akribisch vorzugehen. Es ist für die meisten Familien einfach ein Drama, wenn die Absage im Briefkasten ist. Die Not der Eltern hat in den letzten Wochen auch an unseren Nerven gezehrt,“ so Hille Staß.
Allerdings ist das Problem des Fachkräftemangels, der durchaus auch zahlreiche Träger vor Herausforderungen stellt, in Bad Honnef aktuell weniger akut als der Platzmangel.
Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung an Grundschulen
Ab 2026 wird es nach dem Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) einen Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz geben, der ‚von unten hochwächst‘. Das heißt, ab August 2026 sollen alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch darauf haben, ganztägig gefördert zu werden. Der Anspruch soll in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet werden, damit ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen 1 bis 4 einen Anspruch auf ganztägige Betreuung hat. Das aber bedeutet, dass Kinder höherer Klassen mit größerer Wahrscheinlichkeit Absagen bekommen, wenn nicht rechtzeitig für die nötigen Räume gesorgt wird. In Bad Honnef bedeutet das konkret, dass an mindestens zwei Schulstandorten Neubaumaßnahmen nötig sind. An der Theodor-Weinz-Grundschule in Aegidienberg sind diese bereits eingeleitet. An der Löwenburgschule in Rommersdorf wird bisher geplant. Hier bleibt allerdings fraglich, woher die Gelder für die nötigen Baumaßnahmen kommen sollen. Das nordrhein-westfälische Kabinett hatte Anfang März zunächst lediglich fachliche Leitlinien für die Offenen Ganztagsschulen beschlossen. „Wenn die Dynamik im Ausbau der Ganztagsplätze vor Ort beibehalten wird, kann der Rechtsanspruch für Nordrhein-Westfalen erfüllt werden, so äußerten sich die zuständigen Ministerien gegenüber der Presseagentur dpa. Allerdings werde das für das Land als auch für die Kommunen eine große Kraftanstrengung.
Einen ähnlichen Mangel wird es im kommenden Kindergartenjahr auch in den Kindertageseinrichtungen geben. Hier fehlen mehr als 40 Betreuungsplätze. Mit den bestehenden Kindergärten ist die Stadt in engem Austausch, ob ggf. angebaut und ausgebaut werden kann. Bislang gibt es hier aber noch keine finalen Entscheidungen. Sowohl im Tal, als auch im Bergbereich wäre jeweils eine weitere Kindertageseinrichtung nötig, um den Bedarf perspektivisch zu decken. Im Vergleich mit den Nachbarkommunen schneidet Bad Honnef hier weiterhin gut ab, aber für die Familien, die keinen Betreuungsplatz für ihr Kind bekommen – sowohl im Kindergarten als auch in der Grundschule – bedeutet das enorme Herausforderungen. Es sind häufig die Mütter, die dann ihre Berufstätigkeit später aufnehmen oder gar wieder beenden müssen. Aus Sicht einer Gesellschaft sind fehlende Betreuungsplätze ein vielschichtiges Problem, das, neben einer verminderten Wirtschaftsleistung, insbesondere Gleichstellungs- und Integrationsproblematiken verstärkt. Gerade sozial schwache Familien sind in Mangelsituationen stärker betroffen als andere.
Hier gilt es auch in Bad Honnef sehr genau hinzuschauen und rechtzeitig gegenzusteuern!
Gerade in Zeiten des akuten Fachkräftemangels muss es doch im politischen Interesse sein, dass die vorhandenen Strukturen für vernünftige und qualitativ hochwertige Betreuungsangebote nicht zurückgefahren, sondern eher aufgestockt werden. Wunsch und Wirklichkeit scheinen allerdings noch weit auseinanderzuliegen.
Vor dem Hintergrund der bundesweiten Umsetzung des Rechtsanspruchs auf ganztägige Förderung und Betreuung ab 2026 hatte die Kultusministerkonferenz erst im Herbst 2023 „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der pädagogischen Qualität der Ganztagsschule und weiterer ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ verabschiedet. Die zwölf Empfehlungen geben Impulse für die Weiterentwicklung der Qualität des formalen, non-formalen und informellen Lernens über den ganzen Tag und benennen, was die pädagogische Qualität umfasst. Hervorgehoben werden beispielsweise die handlungsleitende Rolle der Kinder in der Angebotsgestaltung, die Bedeutung von Wohlbefinden und positiven pädagogischen Beziehungen, die starke Zusammenarbeit der Professionen und Akteure auf der Grundlage eines gemeinsamen Bildungsverständnisses, der Lebenswelt- und Sozialraumbezug sowie eine bedarfsgerechte Raumkonzeption und eine gesunde Mittagsverpflegung. Mit den Empfehlungen soll substanziell dazu beigetragen werden, den erweiterten Zeitrahmen der Ganztagsschule und weiterer ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote pädagogisch zu nutzen und damit Kindern erweiterte Lernchancen zu ermöglichen (https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2023/2023_10_12-Ganztag-Empfehlung.pdf).