Zeichen gegen sexualisierte und interpersonelle Gewalt im Sport
Unter der Leitung von Desiree Fritz und Hans-Peter Frost wird der Verein eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um eine sichere und respektvolle Umgebung für alle Mitglieder zu gewährleisten. Die BHZ-Redaktion hat beide zu ihrem Engagement befragt.
BHZ: Der Verein Sportfreunde Aegidienberg (SFA) blickt bereits auf eine über 65-jährige Vereinsgeschichte zurück und bietet Interessierten aller Altersgruppen ein vielfältiges Angebot an Breitensportarten. Auf Ihrer Homepage heißt es im Vorwort: „Das Leben in unserem Verein ist gegründet auf Tradition, menschlichem Miteinander, Fairness und ehrenamtlichem Engagement.“ In diesem Monat haben Sie in einer Pressemitteilung angekündigt, einen weiteren Schritt zu gehen, um die Umgebung Ihrer Mitglieder sicherer und respektvoller zu gestalten. Mit einer neuen Aktion möchten sie ein klares Zeichen gegen sexualisierte und interpersonelle Gewalt im Sport setzen. Wie kam es zu diesem Entschluss und welche Aspekte sind Ihnen bei der Umsetzung dieses Vorhabens besonders wichtig?
Desiree Fritz / Hans-Peter Frost: Das Thema sexualisierte Gewalt ist ein gesellschaftliches Querschnittsproblem, dem sich auch der organisierte Sport als wichtiger Teil der Gesellschaft stellen muss. Als Verein mit einem hohen Anteil an minderjährigen Mitgliedern sind wir uns vor allem der besonderen Verantwortung im Umgang mit den uns anvertrauten Kindern und Jugendlichen bewusst. Auf Initiative des Gesamtvorstandes der SFA und nach Beschluss durch die Mitgliederversammlung haben wir uns zum Ziel gesetzt, dem Qualitätsbündnis “Schweigen schützt die Falschen! Gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt im Sport“ des Landessportbundes NRW e.V. und der Staatskanzlei NRW beizutreten. Wichtig ist uns hierbei, unsere Trainer*innen, Sporthelfer*innen, Übungsleiter*innen so zu sensibilisieren, dass sie Verhaltensveränderungen / Auffälligkeiten bei Kindern wahrnehmen und kommunizieren können. Sie sollen wichtige Unterstützer*innen sein.
Welche Mittel setzen Sie ein, um das Bewusstsein Ihrer Mitglieder zu stärken und für das Thema zu sensibilisieren?
Gewaltfreier und sicherer Sport hat in der SFA schon immer eine große Bedeutung gehabt. Um eine noch stärkere Sensibilisierung zu erreichen, haben wir eine entsprechende Ergänzung unserer Satzung vorgenommen und einen neuen Ehrenkodex entworfen, welcher von allen Trainer*innen, Übungsleiter*innen und Sporthelfer*innen unterschrieben werden muss. Auch planen wir im April zwei Veranstaltungen, um über die Aufgaben der Ansprechpersonen sowie die Wichtigkeit unserer nächsten Schritte zu informieren. Zusätzlich werden wir zeitnah einen Verhaltenskodex an alle Mitglieder der SFA aushändigen, um das Thema in die Breite des Vereins zu tragen und unsere Werte und Verhaltensnormen zu dokumentieren. Für das zweite Halbjahr planen wir außerdem, unseren Trainer*innen / Übungsleiter*innen / Sporthelfer*innen Informationsveranstaltungen des LSB anzubieten, die explizit für das Thema sensibilisieren und ihnen Sicherheit im Umgang mit Verdachtsfällen geben sollen.
Mit Hilfe welcher Maßnahmen sorgen Sie präventiv für die Verhinderung von Gewalt und Diskriminierung in Ihrem Verein?
Ein ganz wichtiger Schritt ist die Bewusstmachung der hohen Präsenz des Themas für die SFA und wir kommunizieren klar, dass wir hier eine Null Toleranz Strategie fahren: “Wenn alle hinsehen, haben es Täter deutlich schwerer“. Zudem müssen alle Trainer*innen, Sporthelfer*innen und Übungsleiter*innen ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, welches alle 3 Jahre erneuert werden muss. Trainings mit Kindern unter 14 Jahren sollen immer in Anwesenheit von 2 Erwachsenen durchgeführt werden. Einer unserer nächsten Schritte wird eine Risikoanalyse durch Spezialisten des Landessportbundes sein, um evtl. weitere nötige Maßnahmen im Verein zu identifizieren. Unsere Mitglieder haben außerdem die Möglichkeit, an unseren Krav Maga Trainings zur Selbstbehauptung und Selbstverteidigung teilzunehmen. Wir planen diese künftig auch in Form von Crash Kursen in den Ferien anzubieten.
Auf welche Expertise stützen Sie sich bei der Umsetzung dieser Maßnahmen? Arbeiten Sie z.B. mit Psycholog*innen und Ärzt*innen sowie mit Organisationen für Opferschutz zusammen?
Wir haben beide die Qualifizierung zur Ansprechperson zum Schutz vor sexualisierter & interpersoneller Gewalt im Sport der Bünde, Fachverbände und Vereine des Landessportbundes NRW absolviert. Ich (Desiree Fritz) steuere durch meine Ausbildung zum Krav Maga Female Instructor und der Mut tut Gut Qualifizierung wichtige Erfahrungen und Kenntnisse bei. Darüber hinaus haben wir engen Kontakt zu den zuständigen Beratungsstellen der Stadt Bad Honnef, des Rhein-Sieg-Kreises, sowie zu Opferschutzorganisationen wie Zartbitter Köln und dem Weißen Ring. Auch der Landessportbund NRW steht uns mit viel Expertise und verschiedenen Ansprechpartner*innen zur Verfügung.
Wie verfahren Sie im konkreten Fall und wie betreuen bzw. unterstützen Sie Opfer von Gewalt?
Unsere Aufgabe in Verdachtsfällen besteht vor allem darin, als erste Ansprechpartner*innen ein offenes Ohr für die Beteiligten zu haben. Oft sind es gar nicht die Betroffenen selbst, die sich an uns wenden, sondern Trainer*innen / Übungsleiter*innen oder Sporthelfer*innen, die von Betroffenen ins Vertrauen gezogen werden oder aus anderen Gründen einen konkreten Verdacht haben. Wichtig ist es uns erst einmal „da“ zu sein. Die an uns herangetragenen Fälle werden von uns dokumentiert und wir stellen den Kontakt zur entsprechenden Fachberatungsstelle der Stadt Bad Honnef bzw. des Rhein-Sieg-Kreises her. Auf Wunsch begleiten wir die Betroffenen bzw. Trainer*innen auch zu dem Gespräch. Dort werden dann weitere Maßnahmen besprochen und – wenn nötig – auch ergriffen.
Tauschen Sie sich ggf. mit anderen (Sport-)vereinen über die Implementierung von Maßnahmen oder Erfahrungen mit deren Umsetzung aus?
Im Rahmen der Qualifikation haben wir Kontakt zu vielen anderen Vereinen geknüpft, die das Thema ebenfalls gerade bei sich implementieren bzw. schon implementiert haben und stehen hier im engen Austausch. Wir sind dankbar über die Anregungen, Erfahrungen und Ideen, die wir dadurch erhalten.
Die BHZ-Redaktion dankt Desiree Fritz und Hans-Peter Frost herzlich für dieses Interview und wünscht viel Erfolg bei der Umsetzung dieses wichtigen Engagements für ihren Verein, die Sportfreunde Aegidienberg!
Weitere Informationen auf der
SFA-Homepage:
https://www.sf-aegidienberg.de/
Kontakt:
Desiree Fritz: desi.fritz@sf-aegidienberg.de
H-P. Frost: h-p.frost@sf-aegidienberg.de
Interview: Andrea Usadel