Kennen Sie den Medienkonsum Ihrer Kinder?
Beinahe jede Woche erscheint eine neue Statistik zum Thema Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen, hier auch immer wieder mit alarmierenden Ergebnissen, beispielsweise zum Thema Mediensucht und Bildschirmzeit. Eine Umfrage der DAK-Krankenkasse kam im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis, dass sich die Zahlen zum Thema Mediensucht mehr als verdoppelt haben. Die Prognose für die kommenden Jahre sieht ähnlich aus. Auch die Bildschirmzeit von Kindern und Jugendlichen nimmt jedes Jahr rasant zu. Immer früher, immer mehr und auch die Anschaffung eigener Geräte, wie beispielsweise eines Smartphones, hat sich längst in die Grundschule verlagert. Was allerdings nicht früher geschieht, ist das Erlernen von Medienkompetenz sowohl bei Eltern als auch bei Kindern. Der Lehrplan sieht weitgehend aus wie vor fünf Jahren, obwohl zahlreiche LehrerInnen längst fordern, dass die relevanten Themen deutlich früher auch im Unterricht thematisiert werden. Hierzu gehört im Kontext der Medienkompetenz auch der Umgang mit Privatsphäreeinstellungen, pornographischen Inhalten im Internet oder auch Bildrechten und vieles mehr. Häufig eskalieren dann Themen an der weiterführenden Schule. Es kommt zu Mobbing oder zu unerlaubt verschickten Bildern etc. Hier muss dann jeweils schnell reagiert werden, weil die Kinder meist wenig Medienkompetenz und kompetente Begleitung haben.
Die weiterführenden Schulen in Bad Honnef haben die Themen rund um Medienkompetenz grundsätzlich im Blick und bemühen sich, so gut es geht, zu unterstützen und ihren Bildungsauftrag wahrzunehmen. Allerdings sind die Themen vielschichtig, die Expertise fehlt häufig auch unter den Lehrenden und die Erfahrung zeigt, dass hier eine Schulung durch Externe, wie beispielsweise den Medien-Scouts, der Diakonie und ähnlichen Anbietern im Umkreis, sinnvoller ist. Die Kinder sind in einem solchen Kontext meist ehrlicher und nehmen die Externen als Experten wahr. Leider gibt es im Umkreis von Bad Honnef nur wenige Angebote und diese sind stark frequentiert. Insbesondere Angebote für die Kinder sind für die Schulen kaum zu bekommen. Zusätzlich muss dafür natürlich auch ein Etat bereitstehen. Angebote, um die Medienkompetenz von Eltern zu unterstützen, gibt es beispielsweise kostenlos von der Landesmedienanstalt. Ein qualitativ hochwertiges Verfahren, dass in Bad Honnef alle Schulen (auch die Grundschulen) bereits nutzen. Hierbei handelt es sich allerdings nur um einen Elternabend pro Jahr, den man sicherlich als ‚Tropfen auf den heißen Stein‘ bezeichnen kann. Dennoch ein gutes Angebot, das darüber hinaus auch von Kindergärten oder Vereinen genutzt werden kann. Der Antrag online ist sehr unkompliziert.
Nora Grohe, Leiterin im Parkkindergarten, erklärt, dass auch sie das Angebot schon mehrfach genutzt haben, weil das Thema Medien bereits im Kindergartenalter immer relevanter wird. „Wir haben bei uns im Kindergarten bewusst keine Bildschirme, weil gerade sehr junge Kinder ganz andere Reize brauchen. Sie lernen durch Anfassen, Ausprobieren und durch das Erleben mit allen Sinnen. Vor Bildschirmen werden sie lediglich geparkt und das immer häufiger und immer selbstverständlicher.“ Kinderärzte haben extra eine Initiative ‚Bildschirmfrei bis 3‘ gegründet und die offizielle Empfehlung lautet bis 6 Jahre 30 Minuten pro Tag. Dass diese Zeit deutlich überschritten wird, ist die Wahrnehmung aller Kitas, auch in Honnef.
Spätestens ab der Grundschule wird das Thema dann richtig akut und viele Eltern beschreiben, dass sie zunehmend überfordert sind.
Die Implementierung von Medienworkshops beschreiben auch in Honnef viele Bildungseinrichtungen und Betroffene als wünschenswert. Hier sind die Preise häufig für Schulen nicht zu stemmen und selbstverständlich muss ein solches Angebot auch zeitlich in die Lernpläne integrierbar sein. Die Fragestellungen und Themen variieren hierbei sehr je nach Alter und Klassenstufe der Kinder. Dass solche Formate dringend notwendig sind, da sind sich allerdings an den Bad Honnefer Schulen alle AkteurInnen einig.
„In der Grundschule haben inzwischen sehr viele Kinder ein eigenes Smartphone, das auch internetfähig ist. Einige Eltern begleiten und kontrollieren die Kinder hierbei, andere tun dies aber nicht. Das bedeutet, dass in jeder Klasse auch Kinder mit einem, oft unkontrollierten, internetfähigen Gerät sitzen“, erklärt Carmen Probst, Schulleiterin der Theodor-Weinz-Grundschule in Aegidienberg.
Insbesondere das Thema Pornographie wird hierbei von den Eltern meist vollkommen unterschätzt. Studien, z.B. von Cybermobbig e.V, kommen hierbei alle zu einem ähnlichen Ergebnis: Eltern schätzen die Mediennutzung ihrer Kinder sehr überwiegend falsch ein. Das Thema Pornographie im Internet bleibt in vielen Familien weiterhin ein Tabuthema, obwohl pornographische Inhalte spätestens ab der sechsten Klasse zur Lebenswelt der Kinder gehören. Hierbei empfinden viele Kinder die Konfrontation mit solchen Bildern und Videos als belastend. In WhatsApp Chat-Gruppen werden Bilder, Videos und Links zahlreich geteilt, ohne dass die Eltern das wirklich mitbekommen.
Häufig sind Kinder sehr schnell fit, was die technischen Voraussetzungen angeht und es fällt nicht schwer, die Eltern hierbei auch ein Stück weit zu veräppeln und beispielsweise die Bildschirmzeitkontrolle auszustellen. Selbstverständlich ist das einfach auch sehr verlockend. Insbesondere Spiele (Gaming) sind mit klassischen Dopamin-Mechanismen programmiert und darauf ausgelegt, süchtig zu machen. Je jünger hier das Eintrittsalter und je unkontrollierter der Zugang, desto mehr steigt auch die Gefahr für eine Sucht bei Kindern und Jugendlichen. Hierzu bringen unterschiedliche Krankenkassen jährlich Studien heraus und der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte warnt in Dauerschleife, aber so richtig entsteht nicht der Eindruck, dass sich dadurch tatsächlich etwas bewegt.
„Meine Eltern lassen mich selber bestimmen, wie viel ich am Handy bin und was ich da mache. Ich möchte halt eigentlich die ganze Zeit am Handy sein, ich werde auch nervös, wenn mein Handy nicht in meiner Nähe ist. Aber das ist ja normal in meiner Generation.“ So schätzt Sarah, Klasse 7 am Gymnasium die Lage ein. Mit dieser Einstellung ist sie nicht alleine. Ein komplexes Thema, aber es lohnt sich, wenn hier alle an einem Strang ziehen und sich Eltern wie auch Pädagogen verantwortlich fühlen. Die Erziehungsberatungsstellen Bad Honnef und Königswinter bieten hier, neben anderen Einrichtungen, zusätzliche Beratung an.